Der langerwartete Referentenentwurf zur Neuerfassung des Arbeitszeitgesetztes wurde vorgelegt. Danach sollen die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes zur bereits jetzt verpflichtenden Arbeitszeiterfassung näher ausgestaltet werden. § 16 Abs. 2 ArbZG-E (Entwurf des Arbeitszeitgesetzes) sieht bisher vor, dass „der Arbeitgeber verpflichtet ist, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen“. Arbeitnehmer/innen können die Erfassung selbst vornehmen, aber den Arbeitgeber/innen bleibt weiterhin verantwortlich für die ordnungsgemäße Aufzeichnung. Durch geeignete Maßnahmen hat der Arbeitgeber/in dann sicherzustellen, dass Verstöße gegen die gesetzliche Bestimmung zur Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeit bekannt werden. Für Verstöße drohen nach § 20 ArbZG-E Bußgelder bis zu 30.000,00 €.
Genaue Vorgaben, wie die elektronische Erfassung zu erfolgen hat, legt der Referentenentwurf nicht fest. Dementsprechend kann die Aufzeichnung mittels Apps oder Excel-Listen erfolgen.
Der Referentenentwurf regelt gleichzeitig auch eine Informationspflicht der Arbeitgeber/innen. Sie müssen von Ihren Mitarbeitern auch verlangen, über die aufgezeichneten Arbeitszeiten zu informieren und ggf. eine Kopie der Aufzeichnung zur Verfügung stellen. Mindestens für zwei Jahre sind diese Aufzeichnungen aufzubewahren.
Mit diesem Entwurf reagiert der Gesetzgeber endlich auf die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 14.05.2019, Aktenzeichen C-55/18) und des BAG (Beschluss vom 13.09.2022, Aktenzeichen 1 ABR 22/21).
Das eine Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat, ergibt sich nach der Rechtsprechung bereits aus § 3 Abs. 2 ArbSchG. Der Referentenentwurf soll nun das „wie“ ausgestalten. Aus der Regelung, dass Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit erfasst werden müssen, folgt deutlich, dass zu Beginn der Pause eine Ausbuchung und zu deren Endung wieder eine Einbuchung erfolgen muss. Pausen sind nach dem Arbeitszeitgesetz keine Arbeitszeit. Das ArbZG-E schreibt in Übereinstimmung mit der Arbeitszeitrichtlinie (Art. 3, 4) bestimmte Pausen- und Ruhezeiten für die vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfassten Arbeitnehmer vor (vgl. §§ 4, 5 ArbZG‑E). Dementsprechend wird angenommen, dass auf die Aufzeichnungen der Arbeitszeit Rückschlüsse darauf zulassen müssen, ob die geltenden Pausen- und Ruhezeiten eingehalten wurden. Klarheit schafft der Referentenentwurf da aber nicht. Die Einhaltung der Ruhezeit ist daraus allenfalls ableitbar. Die Aufzeichnung von Pausen ist nach § 4 ArbZG-E aber nicht vorgeschrieben. Diese können deshalb eigentlich anhand der Aufzeichnungen nicht überprüft werden.
Auch mit dem Thema Vertrauensarbeitszeit befasst sich der Referentenentwurf. Als Vertrauensarbeitszeit wird im Allgemeinen ein flexibles Arbeitszeitmodell bezeichnet, bei dem der Arbeitgeber auf die Festlegung der Lage (also Beginn und Ende) der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichtet. Der Arbeitgeber „vertraut“ dabei darauf, dass der Arbeitnehmer seiner vertraglichen Arbeitsverpflichtung nachkommt. Zur Umsetzung von Vertrauensarbeitszeit muss der Arbeitgeber die Aufzeichnung der Arbeitszeit an den Arbeitnehmer übertragen (§ 16 Abs. 3 ArbZG-E) und auf die Kontrolle der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichten (§ 16 Abs. 4 ArbZG-E). Beides sollte zur Dokumentation im Arbeitsvertrag oder einem Nachtrag hierzu schriftlich vereinbart werden; insofern dürfte es sich nämlich auch um eine wesentliche Vertragsbedingung nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG handeln. Allerdings bleibt der Arbeitgeber auch hier in der Plicht zu prüfen. Er muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass ihm Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden (§ 16 Abs. 4 ArbZG-E).
Das ArbZG-E regelt nicht die Vergütung von Arbeitszeit und trifft daher auch keine Aussage, ob eine Zeitspanne, die der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig ist, als Arbeitszeit zu vergüten ist.
Die Pflicht zur Zeiterfassung wird – sobald der Referentenentwurf umgesetzt wird – gesetzlich geregelt. Deren Ausgestaltung jedoch nicht. Für den Betriebsrat bleibt § 87 Abs. 1 Nr. 6 und 7 BetrVG hinsichtlich der Mitbestimmung, welches System zur Zeiterfassung genutzt werden soll. Betriebsräte sollten darüber hinaus auch ihren Informationsanspruch aus § 80 BetrVG nutzen und streng kontrollieren, ob die gesetzlichen, tariflichen und betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben sowie etwaig bestehende Betriebsvereinbarungen eingehalten werden.
Gern stehen wir für Rechtsfragen in diesem Bereich zur Verfügung.
Ihr Callsen & Thürk Team der Anwaltskanzlei aus Flensburg